Farben werden meist als statisches Element wahrgenommen: Rot ist rot und blau ist blau. Neuartige Effektfarben, die derzeit den deutschen Verpackungsmarkt erobern, stellen die traditionelle Farbenlehre in Frage.
Berührt man zum Beispiel thermochromatische CD-Verpackungen, wechselt das Braun in Weiß. Die Anwendungsmöglichkeiten von Druckfarben, die auf Temperaturveränderungen reagieren, sind vielfältig. Während sie in früheren Jahren hauptsächlich im Sicherheits- und Etikettenbereich eingesetzt wurden, erfreuen sie sich in jüngster Zeit immer größerer Beliebtheit unter den Markenartiklern als Blickfang und Eyecatcher.
So nutzte der Lebensmittelkonzern Nestlé den Wechseleffekt thermochromatischer Farben bereits für Sonderverkaufsaktionen des Schokoriegels Kitkat. Legte man den Riegel für eine Weile in den Kühlschrank, so verfärbte sich der weiß angelegte Aufdruck „Have a cool break – gekühlt noch besser“ in blau und zeigte damit die optimale Verzehrtemperatur für den Verbraucher an. Den gleichen Effekt nutzte auch der australische Brauer Foster`s für die Icebeer-Version seiner Biermarke.
Selbst der Batteriehersteller Duracell setzte bei seinen „Ultra“ Batterien den thermochromatischen Effekt ein und nannte ihn werbeträchtig „PowerCheck“. Dabei handelt es sich um eine Anzeige, die in das Batteriegehäuse integriert ist; sie zeigte den aktuellen Ladezustand an. Die farbliche Gestaltung einer Verpackung spielt erfahrungsgemäß eine entscheidende Rolle im Verkaufserfolg eines Produktes.
Phantasievolle Neuentwicklungen von Unternehmen wie dem Schweizer Konzern Sicpa oder dem deutschen Druckfarbenhersteller Siegwerk finden bei Verpackungsdesignern wachsenden Zuspruch. Nachleucht- oder phosphorisierende Farben beispielsweise kennt man bereits on Sicherheitsmarkierungen in Flugzeugen oder auch von den Mond- und Stern-Aufklebern in deutschen Kinderzimmern. Dass diese Druckfarbe auch für besondere Werbeaktionen eingesetzt werden kann, bewies der Schweizer Uhrenhersteller Swatch. Er bedruckte Popcorntüten mit phosphorisierenden Uhrenmotiven, die im Kinosaal beim Erlöschen des Lichtes für einen aufmerksamkeitsstarken Nachglüheffekt sorgten.
Verpackungen, die Akzente in puncto Wertigkeit und Eleganz setzen sollen, wie sie zum Beispiel Kosmetikherstellern benötigen, werden inzwischen längst mit Perlglanzfarben bedruckt. Glitterpigmente werten den Produktauftritt auf. Auch hier wird die Gültigkeit der klassischen Farbenlehre aus den Angeln gehoben, changiert der Farbton doch je nach Blickwinkel und Lichteinfall ganz unterschiedlich. Selbst Sprünge von Gelb auf Blau sind möglich – zwei Komplementärfarben, die sich nach der klassischen Lehre eigentlich in ein Grün vereinen müssten.
Neueste Bestrebungen in der Verpackungsbranche sind multisensorische Lösungen – Verpackungen, die gleichzeitig mehrere Sinne ansprechen und damit zusätzliche Kaufstimuli erzeugen. So gibt es bereits z.B. Druckfarben, die Optik und Haptik von Leder immitieren. Es sieht aus wie Leder, fühlt sich an wie Leder – aber es ist ein Lack.
Scratch and Sniff erobern unsere Nasen. Darunter versteht man Duftlacke, die den menschlichen Geruchssinn umschmeicheln sollen. Dabei werden microskopisch kleine Duftkapseln in den Lack eingearbeitet. Durch Kratzen bzw. Rubbeln brechen diese Kapseln auf und der gewählte Duft wird frei gegeben.
Wie wäre es mit klingender Verpackung – gedruckte Elektronik, die ohne Verdrahtung oder teure Elektronikmodule eine Verpackung zum Sprechen, Musizieren oder Leuchten bringen kann. Dabei zählt nicht nur die Ästhetik der Verpackung auch der Nutzen kann erhöht werden So könnten z.B. Verpackungen von Medikamenten, Informationen über das Produkt abspielen.
Nichts scheint mehr unmöglich, denn die Palette der Druckfarben ist deutlich bunter geworden und bietet Markenartiklern neue Gestaltungsspielräume für die Inszenierung ihrer Produkte.